Wintergemüse

von Waude

Wenn die Winter künftig tendenziell wärmer werden als früher, sollten wir uns mit dem Gedanken vertraut machen, auch die von uns totgeglaubte Vegetationszeit im Winter zu beleben.

 

Milde Winter als Chance für eine ganzjährige Gemüseversorgung

„In den meisten Nutzgartenkalendern […] startet das Gemüsejahr mit den ersten Aussaaten im Februar und geht bis zum Räumen der Beete im Spätherbst. In den Monaten Dezember und Jänner wird uns empfohlen, die Sämereien zu sortieren, Anbaupläne zu machen oder vielleicht noch Gemüsekeimlinge am Küchenfenster zu ziehen.“ [1] Von November bis März, also knapp ein halbes Jahr könnten wir für unsere Wintergemüsekulturen nutzen.

Immer öfter können wir in den letzten Jahren einen „verlängerten, außergewöhnlich warmen Herbst, dafür aber gelegentliche Frostphasen im Februar oder sogar noch im März“ [1] beobachten. "Das milde Herbstwetter bietet eine Saisonverlängerung in eine Zeit hinein, […] die durch Lichtmangel“ [1] lediglich eine Verlängerung der Erntezeit bewirkt, oft bis Weihnachten hin. Winter ist eben keine Wachstums-, wohl aber Erntezeit.

 

Saisonal und regional

Auch wer Wert auf Saisonales und Regionalität legt, hat spätestens im Frühling die ständige Verwertung des Lagergemüses vom letzten Winter satt. Im Lebensmittelhandel jedoch finden wir Sommer wie Winter das volle Gemüsesortiment. Ohne Gemüseimporte aus südlichen Ländern oder der heimischen Ware aus geheizten Gewächshäusern, die mit ihrem Energieaufwand ökologisch sehr bedenklich ist, wäre dieses ganzjährige Vollsortiment nicht möglich.

 

Einfluss auf die Frosthärte

Aber wie kann bei Kälte und Frost auch etwas wachsen? "Niedrige Temperaturen haben zweifellos einen großen Einfluss auf das Gedeihen unserer Pflanzen, […] viel zu wenig Beachtung schenkt man jedoch Parametern wie Luft- und Bodenfeuchtigkeit sowie Lichtdauer und –intensität." [1]

 

Temperatur

Wintergemuese2

„Im Spätsommer bis Herbst gesätes oder gepflanztes Gemüse hat außerdem die Möglichkeit, sich an die kühler werdenden Umweltbedingungen anzupassen. Man nennt diesen Vorgang Frosthärtung oder Akklimatisation. Durch abnehmende Temperaturen […] lagern Pflanzen verschiedene Aminosäuren, Zucker, Proteine und Lipide als Frostschutz im Zellsaft ein.“ [1] Jedoch bewirkt eine Düngung im Herbst eine „Verweichlichung“ des Pflanzengewebes, weshalb im Herbst keinesfalls mit stickstoffreichen Düngern gearbeitet werden sollte.

 

Boden- und Luftfeuchtigkeit

Gruen in Weiß

„Weil Wasser kaum verdunstet und deshalb Boden und Pflanze nicht ausreichend abtrocknen können“ [1], kommt es häufig dazu, dass Gemüsepflanzen verfaulen, verschimmeln und sich Pilzinfektionen einstellen. Es genügt, alle vier bis fünf Wochen gießen, am besten an einem sonnigen Vormittag, damit bis zum Abend noch alles abtrocknen kann. Die Luftfeuchtigkeit in Frühbeetkästen und Gewächshäusern sollte unbedingt durch Lüften reguliert werden, da sonst durch herabtropfendes Kondenswasser selbige Probleme auftreten können.

 

Kleinklima

Der beste Platz für Wintergemüse wäre ein Standort mit größtmöglichem Frost- und Windschutz bei optimaler Lichtexposition und guter Belüftung.

Auch mit Mulchschichten lässt sich das Kleinklima für den Wintergemüseanbau erheblich verbessern z.B. mit Heu oder Stroh, aber auch mit im Herbst im Überfluss vorhandenem Laub. „Im Frühjahr sollte man den Mulch allerdings abnehmen, sonst wärmt sich der Boden darunter langsamer auf als der unbedeckte.“ [1]

 

Grober Überblick über die Wintergemüsearten [2]

Die letzten Pflanzungen von Salaten, Endivien etc. sollten später ausgesät und gepflanzt werden als üblich. Milder Spätherbst erlaubt dann eine Ernte oft bis in den Dezember hinein. Auch Wintersalate dürfen keinesfalls zu früh angebaut werden, da sie sich sonst viel zu schnell entwickeln und erntefertig sind, bevor der Winter noch so richtig begonnen hat.

Im Juli und August ist es Zeit, für die Salaternte im Herbst vorzusorgen.

Salatart Spätester Pflanztermin

Eissalat

Mitte August
Kopfsalat und Romanesco Ende August
Blattsalate Anfang September

 

Endiviensalat

Der Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen ist höher als beim Kopfsalat. Für die Herbsternte wird von Mitte Juli bis Anfang August gepflanzt. Zum Schutz vor Frost sollte ein Vlies bereitliegen, da Endivie bereits bei leichtem Frost Blattschäden bekommt.

Zuckerhut

Zuckerhut eignet sich hervorragend für eine frostfreie Lagerung – im Keller oder auch im Frühbeet (im Herbst mit den Wurzeln im Frühbeet einschlagen oder im Freien mit mehreren Lagen Vlies abdecken). Wegen seiner langen Kulturdauer sollte er bis spätestens Ende Juli gepflanzt werden. Zuckerhut ist ähnlich bitter wie Endivie und wird meist nach dem Kleinschneiden in warmem Wasser gewaschen, um die Bitterstoffe teilweise zu entfernen. Besonders gut schmeckt Zuckerhut zusammen mit Kartoffelsalat!

Radicchio

Wegen der enthaltenen Bitterstoffe wird Radiccio kaum ohne Mischpartner zu Salat verarbeitet. Im Gemüsefach des Kühlschranks hält er mehrere Wochen – auch halbierte Köpfe können so bis zum nächsten Salatessen aufbewahrt werden.

Weitere empfehlenswerte Wintergemüsearten sind u.a.:

Salate:

  • Endivie
  • Zuckerhut
  • Radicchio
  • Pflücksalat
  • Romanesco
  • Kopfsalat
  • Vogerlsalat / Feldsalat
  • Asia-Salate
  • Pak Choi (Senfkohl)
  • Blattsenf
  • Rucola
  • Gartenkresse, Winterkresse, Brunnenkresse
  • Garten-Sauerampfer
  • Rote-Rüben-Blatt

Gewürzkräuter:

  • Petersilie
  • Schnittsellerie
  • Kerbel
  • Koriander
  • Schnittlauch
  • Thymian
  • Oregano

Kohlgewächse:

  • Kraut
  • Sprossenkohl
  • Karfiol
  • Brokkoli
  • Kohlrabi

Spinate:

  • Spinat
  • Mangold

Wurzel-und Knollengemüse:

  • Karotten
  • Knollensellerie
  • Rote Rübe
  • Pastinaken
  • Wurzelpetersilie
  • Radieschen
  • Rettich
  • Rübe
  • Topinambur

Zwiebel- und Lauchgemüse:

  • Zwiebel
  • Frühlingszwiebel
  • Schnittzwiebel
  • Porree

Wildgemüse:

  • Löwenzahn

Obige Auflistung stellt nur einen Teil der möglichen anzubauenden Gemüsearten dar.

 

Einwinterung und Lagerung von Gemüse

Heutzutage wird alles schnelllebig im Supermarkt gekauft und das Wissen über mögliche Arten der Einlagerung von Gemüse ist schlichtweg verloren gegangen. Nachfolgend stellen wir 2 Möglichkeiten vor:

Überwinterung in Mistbeetkästen

Da früher Gefriertruhen nicht zur Verfügung standen, musste man mit Naturlagern, Erdkellern oder mit Erdmieten auskommen, um das Gemüse über den Winter zu bringen.

Eine einfache Form ist die Überwinterung in Mistbeetkästen, weil sich diese leicht zudecken und öffnen lassen. Er eignet sehr gut zum Überwintern von Winterendivien, Mangold, Sellerie und Karfiol. „Nach Einbringen des Lagergutes wurden einfach Fenster aufgelegt und bei Frost mit Strohmatten, Brettern oder Laub abgedeckt.“ [1]

Erdkeller

In alten Häusern und Höfen gibt es sie gelegentlich noch – die gemauerten Erdkeller. Eigenschaften als Voraussetzung für eine erfolgreiche Gemüselagerung sind grundwasserfrei, trocken und gleichmäßig im Temperaturverlauf. Konstante Temperaturen von +4 °C-+5 °C während des ganzen Winters wären optimal. „Im Keller konnte Gemüse aufgeschüttet, in Sand eingeschlagen, kopfüber aufgehängt oder in Stellagen gelagert werden. […] Die lose Schüttlagerung wurde bei Rüben oder Kohlrabi angewendet. In Sand oder sandige Erde eingeschlagen überwinterten Karotten, Petersilienwurzeln, Pastinaken, Rote Rüben oder Knollensellerie. Kopfsalat und Endivien wurden in Sand ausgepflanzt.“ [1]

 

„Leider sind im den Gartenmärkten im Frühherbst oftmals keine Jungpflanzen mehr erhältlich, weil man die Salatsaison für beendet hält. Es bleibt zu hoffen, dass die Entdeckung des Winters als neue Gartenjahreszeit so weite Kreise zieht, dass sich das auch auf das Angebot an Jungpflanzen auswirkt. Bis dahin ist man auf eine eigene Jungpflanzenanzucht angewiesen, die im Spätsommer auch im Wohnzimmer gelingt, damit man zeitgerecht Setzlinge für den Winteranbau zur Verfügung hat.“ [1]

 

Text- und Bildquellen:

[1] Palme, Wolfgang: Frisches Gemüse im Winter ernten. Die besten Sorten und einfachsten Methoden für Garten und Balkon. Innsbruck: Löwenzahn in der Studienverlag Ges.m.b.H., 2016

[2] DI (FH) Unmann, Alfred: „Salate für die Herbsternte. Kulturdauer der verschiedenen Salate beachten. In: Grünes Tirol, 4, S.24-25