Keimsprossen - Vitamine in Hülle und Fülle

von Waude
Sprossen sind die Sämlinge von bestimmten Gemüsearten, die erntereif sind, sobald sich die Keimblätter voll ausgebildet haben. Sie werden wie frische Kräuter verwendet und würzen Salate, pikante Topfenaufstriche, Kräuterbutter, Soßen und Gemüse. Das besondere an Keimsprossen ist, dass sie sehr schnell selbst kultiviert werden können. Innerhalb von nur einer Woche sind sie erntereif.

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Verschiedene Keimsprossen-Sorten und Anzuchthilfen

Unterschiedliche Geschmacksrichtungen

Je nach Art der Sämlinge schmecken Keimsprossen unterschiedlich. Von fein-würzig bis scharf ist für jeden Geschmack etwas dabei.

 

Vitamine

Durch ihre Inhaltsstoffe sind Sprossen für unsere Ernährung sehr wertvoll. Unter anderem enthalten sie recht viel Vitamin C sowie verschiedenste B-Vitamine.

Eine normale Portion Sprossen im Salat, in der Suppe oder als Dekoration wird mit 10 g angegeben. Das entspricht etwa 1 bis 2 Esslöffeln voll. Für eine Gemüsebeilage werden pro Person 150 bis 200 Gramm gerechnet.

 

Sekundäre Inhaltsstoffe

Sprossen enthalten auch sekundäre Inhaltstoffe wie zum Beispiel Carotinoide. Das sind pflanzliche Farbstoffe, die unter anderem Karotten orange (β-Carotin) und Tomaten rot (Lycopin) färben. In unserem Körper wirken sie vorbeugend gegen Arterienverkalkung, Alzheimer und Parkinson, Grauen Star und Krebs.

Weitere wichtige Inhaltstoffe sind Flavonoide und Anthocyane. Sie sind antioxidativ und schützen Körperzellen vor freien Radikalen. Dadurch verlangsamen sie die Zellalterung. Diese Inhaltsstoffe wirken antibakteriell, antiviral und hemmen den Wachstum von Krebszellen. Außerdem vermindern sie die Ablagerung von Fett in den Blutgefäßen und senken so das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Glucosinolate (Senfölglycoside) sorgen nicht nur für den scharfen Geschmack, sondern wirken auch antibakteriell und hemmen die Vermehrung von Viren und Pilzen. So hilft der Verzehr der Sprossen unter anderem gegen Infektionen der Atemwege, Grippeviren und bei Entzündungen der Harnwege.

Eine sehr interessante Verbindung ist das Sulforaphan. Es wirkt im Körper als Signalstoff und regt unser Abwehrsystem dazu an, Entgiftungsenzyme zu bilden. So wirkt es gegen das Bakterium Helicobacter pylori, das Entzündungen an Magenschleimhaut und Speiseröhre sowie Magengeschwüre verursacht. Selbst antibiotika-resistente Stämme in den Magenwandzellen können so ausgeschaltet werden. Außerdem stoppt Sulforaphan das krankhafte Zellwachstum bei Hautkrebs und Leukämie. Um eine wirksame Menge Sulforaphan aufzunehmen, reicht der tägliche Verzehr von 10 g roher Brokkoli-Sprossen (ca. 2 Esslöffel) aus.

 

Enzyme in den Sprossen

Sprossen und andere pflanzliche Kost enthalten Vorstufen vonsekundären Inhaltstoffen, die durch Enzyme umgewandelt werden müssen und dadurch wirksam werden. Wird pflanzliche Kost roh gegessen, bleiben die Enzyme intakt und unterstützen unsere Verdauung.

Ein Beispiel: Der größte Teil des Sulforaphan aus Brokkoli wird erst bei der Verdauung aus Senfölglycoside gebildet. Dafür besitzen wir bestimmte Enzyme in unserer Darmflora. Effektiver wirkt das Enzym Myrosinase, das in Brokkoli vorkommt. Es ist hitzeempfindlich und wird beim Kochen zerstört. In rohen Sprossen ist es enthalten. Darum liefern rohe Brokkoli-Sprossen 20 bis 100-mal mehr Sulforaphan als gekochter Kohl.

 

Vielfalt von der Fensterbank

Es werden viele verschiedene Gemüsearten für die Sprossenanzucht verwendet. Sie unterscheiden sich in Geschmack, Größe und Aussehen.

 

Hülsenfrüchte
 
 

Anzuchtgefäß

Aussehen / Verwendung

Alfalfa  (Medicago sativa)

Keimschale

Feine kurze Sprossen, nach 5 - 7 Tagen mit der Schere ernten, Geschmack herb-nussig

Kichererbsen  (Cicer arietinum)

Sprossenbox

Wird nach 3 bis 5 Tagen im ganzen roh oder gekocht gegessen, Geschmack nussig-frisch, wenn die Keimblätter sich entfalten werden die Sprossen bitter

Linsen  (Lens culinaris)

Sprossenbox

wird im ganzen roh oder gekocht gegessen, wenn die Samenschale sich abgelöst hat, Geschmack nussartig

Lunja / Adzukibohne  (Vigna angularis)

Sprossenbox

Samenschalen lösen sich nach etwa 3 Tagen ab und werden beim Spülen aus der Schale entfernt, Verwendung im Ganzen roh oder gekocht nach 3 bis 5 Tagen

Mungbohne / Soja-Sprossen (Vigna radiata)

Sprossenbox

Samenschalen lösen sich nach etwa 4 Tagen ab und werden beim Spülen aus der Schale entfernt, Verwendung im Ganzen roh oder gekocht nach 5 bis 5 Tagen

Kreuzblütler

 

 

Brokkoli  (Brassica oleracea)

Keimschale Sprossenbox

Feine Sprossen, nach 5 - 7 Tagen mit der Schere ernten, Geschmack würzig

Daikon-Rettich  (Raphanus sativus)

Keimschale Sprossenbox

Lange Sprossen mit großen Keimblättern, nach 5 bis 9 Tagen mit der Schere ernten, Geschmack wie Rettich würzig scharf

Kresse  (Lepidium sativum)

Keimschale

Sprossen nach 3 bis 5 Tagen mit der Schere ernten, Geschmack scharf würzig

Radieschen  (Raphanus sativus)

Keimschale Sprossenbox

Lange Sprossen mit großen Keimblättern, nach 5 bis 9 Tagen ernten, Geschmack wie Radieschen würzig scharf

Rauke  (Eruca sativa)

Keimschale

Sprossen nach 4 bis 6 Tagen mit der Schere ernten, kräftiges, pikantes Aroma

Sonstige Sprossen

 

 

Sonnenblumen  (Helianthus annuus)

Sprossenbox

Sprossen werden im Ganzen verwendet, sobald sich nach 5 bis 7 Tagen die Samenschale von den Keimblättern lösen lässt, nussig im Geschmack

Weizen  (Triticum aestivum)

Sprossenbox

Ernte schon nach 2 bis 4 Tagen, wenn der Keimling etwa so lang ist wie das Korn, dann milder, süßlicher Geschmack, später grasartig

Zwiebeln  (Allium cepa)

Keimschale Sprossenbox

Wird nach 8 bis 12 Tagen geerntet, wenn sich die Samenschale von den Spitzen ablöst, kräftiges Zwiebelaroma

 

Welches Gefäß ist das Richtige

Eine Keimschale besteht aus einem Wasserbehälter und einem Gitter auf welches das Saatgut aufgestreut wird. Das Wasser wird so eingefüllt, dass es das Gitter berührt, aber das Saatgut nicht bedeckt. Es reicht für die Keimung aus, dass sich über die Samen ein dünner Wasserfilm zieht. Sie wachsen schnell mit den Keimwurzeln in den Wasserbehälter hinein und versorgen sich selbst. Die Kultur benötigt keine Pflege. Nur wenn es sehr warm ist, muss eventuell etwas Wasser nachgefüllt werden.

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Kleinsämige Sorten entwickeln sich besonders gut in Keimschalen

 

Eine Sprossenbox besteht aus mehreren übereinandergestapelten Schalen mit Wasserabzug. In jeder Ebene können jeweils ein bis zwei Esslöffel Sprossensaat zum Keimen gebracht werden. Die Sprossenbox wird dreimal täglich gespült. Dabei werden Abbauprodukte weggeschwemmt und das Saatgut wird angefeuchtet. In der Box bleibt die Luftfeuchtigkeit ständig hoch. Das reicht für die Keimung der Sprossen aus. Alle zwei Tage wird die Keimsprossenbox auseinandergenommen und jede Ebene einzeln gründlich unter fließendem Wasser abgespült. Keimschale und Sprossenbox sollten möglichst hell stehen, dürfen im Sommer aber nicht in die direkte Sonne gestellt

sperlis keimgarten fuer keimsprossen

Eine Sprossenbox eignet sich für Sprossen mit großen Samen.

Die Keimung

Bei der Keimung quellen die Samen auf. Dann reißt die Samenschale auf und wird von der Keimwurzel durchstoßen. Die Samenschalen schwimmen beim Spülen nach oben und werden aus der Sprossenbox entfernt. Es bilden sich an der Keimwurzel sehr feine, weiße Seitenwurzeln, die dazu dienen die Oberfläche zu vergrößern und schnell Wasser und Nährstoffe aufzunehmen. Sie sind nicht mit Schimmel zu verwechseln. Schimmelnde Sprossen werden matschig und riechen streng. 

 Haarwurzeln Keimsprossen

Die feinen Haarwurzeln an den Sprossen werden manchmal für Schimmel gehalten

 

Während der Keimung nehmen die Sprossen so stark an Volumen zu, dass sie den Deckel der Sprossenbox hochdrücken können. Sind die Schalen aber zu voll, lassen sie sich schlecht spülen. Es ist darum wichtig, nicht zu viel Saatgut in die Schalen zu geben. Nach der Keimwurzel entwickeln sich die Keimblätter und die Sprossen sind erntereif.

keimende Sprossen

Das Volumen nimmt bei der Keimung stark zu. Darum darf nicht zu viel Saatgut in die Schalen.

Die Ernte

Die geernteten Keimsprossen zunächst mit fließendem Wasser abspülen oder für rund 5 Minuten in einem Wassergemisch mit Apfelessig oder Zitronensaft einweichen und so bald wie möglich verzehren.

 

Tipps für den erfolgreichen Anbau

  1. Damit die Keimfähigkeit garantiert bleibt, möglichst nur Bio-Keimsamen verwenden.

  2. Mitunter kann es vorkommen, dass die Saatgutpackungen einzelne zerbrochene oder beschädigte Samen enthalten. Diese am besten aussortieren, um den intakten Samen einen optimalen Keim- und Wachstumsprozess zu ermöglichen.

  3. Für eine gute Keimung der Sprossen ist Wasser von guter Qualität von großer Bedeutung.

  4. Die Keimtemperatur sollte zwischen 18 und 21 °C liegen.

  5. Die Anzucht nicht direkter Sonneneinstrahlung aussetzen.

  6. Keimsprossen mindestens zweimal am Tag spülen.

  7. Da den Sprossen im Winter grundsätzlich weniger Licht zur Verfügung steht, werden sie in dieser Zeit auch nur langsam keimen.

  8. Vermeintlichen Schimmel nicht mit feinen, weißen Seitenwurzeln verwechseln. Letztere sind nämlich normal und völlig ungefährlich.

Lagerung

 

Die Samen möglichst trocken, kühl (12 bis 15 ˚C) und dunkel aufbewahren. Damit wird verhindert, dass der Keimprozess schon während der Lagerung ausgelöst wird.

 

Sicherer Genuss

Im Jahr 2011 sind Menschen an dem Darmkeim EHEC erkrankt. Vermutlich steckten sie sich durch kontaminierte Bockshornkleesprossen aus Ägypten an. Inzwischen unterliegt das Saatgut für Keimsprossen den strengen Richtlinien für Lebensmittelhygiene. Das bedeutet, dass Sprossensaatgut auf Salmonellen, EHEC und andere Mikroorganismen getestet wird. Abfüllbetriebe benötigen inzwischen eine spezielle Zulassung und müssen das Sprossensaatgut gemäß den Hygieneverfahren für Lebensmittel handhaben. Das Sprossensaatgut im Handel stammt außerdem aus kontrolliertem biologischen Anbau und ist frei von Rückständen chemischer Pflanzenschutzmittel. Darum können die Sprossen von der Fensterbank unbesorgt genossen werden.